Körperliche Fitness ist unerlässlich für erfolgreiche Ruderer. Daher gilt, groß geworden mit der »Trimm-Dich Welle« der 80er Jahre, mein erster Gedanke beim Lesen der Veranstaltungsankündigung auch der Zustandsverbesserung meines eigenen Körpers. Erst beim Studium der Erläuterungen wird mir klar, dass es hier einmal nicht um uns, sondern um unser Material gehen wird.
Wir treffen uns am späten Freitagnachmittag oben im Trainingsraum und versammeln uns um unsere neueste Errungenschaft, dem Mulitmedia-Board, welches dank einer großzügigen Spende (siehe CM 2/23, Seite 12) unsere Möglichkeiten der Präsentation und Trainingsanalysen massiv bereichert.
Gemeinsam erarbeiten wir eine 12-Punkte-Liste möglicher Faktoren, die Einfluss auf Effizienz und Ergonomie unsers Ruderns haben können. Diese reicht von Stemmbretteinstellungen über Dollenhöhe bis hin zum Zustand von Steuer und Finne. Zu jedem Punkt wird vermerkt, ob es sich um »Einstellungen« handelt, die der Ruderer vor Fahrtbeginn vornimmt, um das Boot auf seine körperlichen Gegebenheiten anzupassen oder ob es in die Kategorie »Trimmen« fällt, die der Bootswart einmal vornimmt, um das Material in sich optimal abzustimmen. Das Ganze illustriert Harald durch Handskizzen (am Schluss gleichen Seiten 2+3 des interaktiven Multimediaboards einer »modern Art Graphic«) oder durch praktische Illustrationen an echtem Material. Pysikunterricht Mittelstufe, Hebelgesetze: »Björn, du bist das Wasser, Martin die Dolle und Andreas der Ruderer.« – wir schauen uns das Zusammenspiel von Innenhebel, Schlaglänge und Kräfteverteilung an. Hier ist der Maschinenbauer voll in seinem Element.
Nach der Theorie geht es hinunter in die Bootshalle. Praktischerweise liegt der neue Coastal-Zweier vor der Tür bereit und muss als Studienobjekt herhalten. Wir vermessen alles Gelernte, von Dollenabstand bis hin zum Anlagewinkel und kommen zu dem Ergebnis, dass dieses Boot noch einmal gründlich durchgetrimmt werden muss.
Was bleibt? Ich werde jetzt nicht beginnen, an jedem Boot erst einmal das Werkzeug anzulegen. Dies ist nicht Ziel dieses Kurses und auch nicht gewünscht. Was jedoch jeder von uns mitnimmt ist ein geschärftes Bewusstsein für unser Material und mögliche Faktoren dafür, wenn etwas einmal nicht so läuft, wie wir es erwarten. Beispiel: wenn vor dem Rudern alle Skulls eines Bootes aufgereiht auf dem Steg liegen, genügt ein schneller Blick um zu erkennen, dass Länge und Innenhebel überall gleich sind.
Sicherlich liegt die Wahrnehmungsschwelle bei den einzelnen Ruderern individuell unterschiedlich. Grommecks Standardspruch bei der geringsten Abweichung vom Ideal »Damit kann man nicht rudern!« Würde ich für mich etwas relativieren. Aber bei jedem ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem er sich sagt: »Hier stimmt doch etwas nicht!« Und dann sollte er das Gelernte Revue passieren lassen um mögliche Ursachen am Material zu erkennen.
Darum meine Empfehlung: Wenn möglich, nehmt die Gelegenheit wahr, einmal diese Einweisung zu besuchen. Ihr werden nicht dümmer dadurch!
Und an Harald vielen Dank für die anschauliche und kompakte Einführung in das Thema. Wer mehr zu dem Thema (nach)lesen möchte, findet beim Schleswig-Holsteinischen Ruderverband vertiefende Informationen zu dem Thema.
Hans-Martin Hörcher