Westensee – immer eine Reise wert!

24. September 2019 | Von | Kategorie: Aktuell, Freizeitsport

Am Morgen weckt mich ein leises Tuten von der fernen Förde. Ich öffne die Augen: »och nöö – echt jetzt? Nebel?« Wir wollen doch rudern, und zwar zum Westensee! Doch halb so wild. Bis ich abmarschbereit bin, hat der sich auch schon verzogen.

Dann – gerade will ich mich auf mein Fahrrad schwingen und gemütlich hinunter zum Club fahren – diese Nachricht:

T – 1Std: Hallo an Alle, bitte so früh wie möglich zum Club kommen, nächste Schleusung 10:15 – 10:30!!!

Also rasch ins Auto und hinunter zum Club gedüst. Und tatsächlich sind schon alle auf den Beinen, die letzten trudeln ein, als das erste Boot ablegt und tatsächlich liegen gegen 10:30 alle drei Boote vor der Schleuse!

Rückblick

So viel Spontanität ist sicher rekordverdächtig. Im Vorfeld der Planung hat aber die Spontanität, Wankelmütigkeit und Unverbindlichkeit einiger Teilnehmer den Organisator mehr als einmal an den Rande des Wahnsinns getrieben.  Hier zur Illustration ein Auszug aus der Chronologie des Wankelmutes:

T – 13Tg: Hallo an Alle, die Liste ist ab und wir sind 19 Teilnehmer. Davon leider 4, die nur hin Rudern wollen und keiner für zurück. Das wird schwierig! Bitte noch einmal alle 4 in sich gehen und nachdenken! Gute Nachricht vom Schleusenmeister: wir sollen vor dem Ablegen bei ihm anrufen und die Situation erfragen, damit wir nicht so lange warten müssen. Mehr nächste Woche. Gruß Antje & Claus 
  Wir hatten uns bisher nur im Wechsel mit mir eingeplant (z.B. nach dem Übersetzen in die Eider). Wenn die Not jetzt so groß ist, könnten wir auch die Rückfahrt beide übernehmen

Einige Kommunikation im Hintergrund…

T – 12Tg: 9:51 Hallo Claus, ich bin flexibel, müsste ggf. am Sonntag von Kiel aus mitgenommen werden.
19:52 Das Einweg-Problem ist gelöst! 

Entspannte Ruhe. Doch dann:

T – 5Tg: 15:33 Hallo Claus, ich gehöre zu den Einweg – RuderInnen, hatte mich für die Hintour am Samstag eingetragen, aber auch meine Bereitschaft zum Wechsel zur Rückfahrt am Sonntag signalisiert. Für welche Fahrt bin ich abschließend eingeteilt? Gibt es noch weitere Informationen?
19:24 Hallo an Alle, wir sind jetzt 17,5 😳Personen, für 18 fehlt noch eine Hinfahrt. Wer jemanden überreden kann, hat den Abend umsonst!! Wir starten am Samstag um 10 Uhr fertig vor dem Club.  Ich werde gegen 9 Uhr bei dem Schleusenmeister anrufen und die Situation erfragen. Es kann sein, dass ich den Start kurzfristig nach hinten verlege, ich melde mich dann.
T-4Tg: Regina rudert am Samstag mit 😊! Hurra 😁!!!  
T-3Tg: Eine Absage! Jetzt sind wir wieder 17 😳
T-1Tg: 8:59 Hallo an Alle, aufgrund einiger Ab- und Zusagen gibt es erst heut Abend die Namen für die Bootslisten!
17:48 Teilnehmerstand: …. Also drei 4+.
18:08 Lieber Claus, ich hatte mich für eine Fahrt angemeldet, egal, ob SA oder SO. Beides geht leider nicht. 
19:08 Hallo Claus , ich kann morgen nicht. Ich bin für Sonntag zurück angemeldet.
19:11 Dann war Maren für hin geplant?
19:13 So war es zumindest ursprünglich geplant.
19:20 Hallo Claus, ich kann auch nur bei der Rückfahrt am Sonntag mitrudern. Der Samstag ist bei mir tagsüber schon verplant.
19:35 Hallo an Alle, nach einigem hin und her hier die letzte Aufstellung: Hin und zurück: Kombi hin/zurück Also bis morgen, 10:00 – Hand am Boot!
19:37 Fehler!!! Korrektur …

Respekt, dass Claus hierbei noch den Überblick und die Nerven behalten hat – denn parallel zu den Boots- gingen ähnliche Abstimmungen mit den Autoplätzen hin und her! Doch wie dem auch sei – beim Ablegen sind alle Bootsplätze besetzt und niemand bleibt am Steg zurück!

Zurück zur Schleuse

»Und wozu die ganze Hektik?« fragen wir uns inzwischen. Zwar liegen bereits zwei dicke Pötte in der Schleuse, doch das Tor rührt sich nicht! Um warm zu bleiben und uns die Zeit zu vertreiben, beginnen wir, Ausflüge zu unternehmen und das Schleusenvorfeld bis in die hintersten Winkel zu erkunden. Wir machen Bilder von uns mit Leuchtturm, ein Gruppenbild mit »Loth Lorien« und »J. R. Tolkin«, überlegen, wie wir wohl an einen Kaffee aus dem Schiffercafé gelangen könnten und entdecken schließlich ein geschütztes und lauschiges Plätzchen am Ende des Seitenarmes vor dem Kanaldücker neben den Schleusen.

Gerade als wir es uns in der Sonne gemütlich machen wollen, kommt Bewegung in die Schleuse. Ich muss die träge in der Sonne räkelnde Mannschaft aufscheuchen – schließlich sind wir nicht zum Spaß hier. Zusammen mit ca. 30 Sportbooten laufen wir dann in die Schleuse ein. Ein dicker Pott ist heute nicht dabei. Trotzdem finde ich es immer wieder von Neuem ein eindrucksvoll, die Schleusenkammern zu befahren, haben sie doch mit ihren Dimensionen von über 300m Länge die Ausmaße der Regattastrecke zu »Rudern gegen Krebs«!

Die anschließende Kanalpassage verläuft nahezu ereignislos, dieses Mal ist eher die Kategorie »Meditation« und »Entspannung« gefragt, um die Monotonie der etwa zwölf Km langen Teilstrecke zu bewältigen. Dafür beginnt anschließend – nach Fußbädern in dem schon merklich abgekühlten Flemhuder See und Boots- und Skullpuzzle beim Einsetzen in den Ringkanal – mit der Eiderpassage der schönste und nicht nur für die Steuerleute spannendste Teil der Reise!

Das Kulturprogramm

Auf dem Westensee dreht Claus mir seinem Boot direkt nach Steuerbord Richtung Nordsteg, um Antje bei den Vorbereitungen zur Hand zu gehen. Wir lassen ihnen etwas Vorsprung und steuern den kulturellen Teil der Reise an: die Hohburg.

Auf der Halbinsel »Börner« im See gelegen, spielte dieser Ort im 13. Jh. eine große Rolle bei dem Ziel der Gutsherren von Westensee, von den vorbeireisenden Kaufleuten Abgaben einzutreiben. Diesem Treiben setzte die Stadt Lübeck dann im Jahre 1326 durch Intervention mit einem Söldnerheer ein Ende. Heute stehen an diesem Ort einige Hütten, die von Jugendgruppen für Wochenend- und Ferienaufenthalte genutzt werden.

Wieder etwas gelernt! Doch nun rasch in Richtung Nordsteg und weiter zum Grill!

Das Abendprogramm

Vor dem Grill ist jedoch zunächst die Kaffeetafel zu bewältigen – Antje hat leckeren Apfelkuchen. Danach Claus Grillfleisch satt, zusammen mit leckeren Salaten sowie einem Geburtstagsständchen für das heutige Geburtstagskind! Wir genießen die Kulinarien, den Blick über den See, das Feuer, den Heizstrahler und die nette Gesellschaft, ein rundum gemütlicher Abend!

Und das Beste wieder: danach geht es zurück in das heimische Bett. Zweitägige Wanderfahrt für Heimschläfer! Und das heimische Bett haben wir sehr genossen.

Aufregung am Sonntagmorgen

Am Sonntagmorgen zunächst unsichere Nachfragen: »Der Kanal ist gesperrt! Kommen wir überhaupt zurück?« Alles gut, die Sperrung bezieht sich nur auf die großen Schleusenkammern in Brunsbüttel, kleinere Schiffe kommen durch.

Am Morgen beim Einsetzen am Steg des RSVW in Felde haben aufgeweckte Ruderer einen einsetztauglichen Steg entdeckt, sogar mit Rolle! Nicht nur ich frage mich da, warum wir gestern die Boote durch den modderigen Schlick angelandet und erst einmal unsere Schuhe eingesaut haben!

Doch die Einsetzstelle ist für kleinere Segelboote gemacht. Für unsere Steuerleute beginnt der Tag mit einigen anspruchsvollen Manövern, bevor wir auf der Weite des Sees Fahrt aufnehmen können.

Bei Achterwehr macht ein »Badewannenruderer« sein Gefährt startklar. »Ich hätte zu gerne gesehen, wie ihr durch die ganzen Kurven gekommen seid« antwortet er auf unseren Morgengruß. Seine Bewunderung haben die Steuerleute, die uns einmal mehr durch die Wildnis der Eider gelotst haben.

Die anschließende Kanalpassage stellt dann ganz andere Ansprüche an die Steuerleute, müssen sie doch die Mannschaft auf dieser Strecke erneut bei Laune halten, denn nur ein Schiff sorgt hier für Abwechslung. Und für eine gewisse Unruhe: wenn dies das einzige Schiff ist, sollten wir sehen, mit ihm durch die Schleuse zu kommen. Wer weiß, wann sich das nächste Mal die Gelegenheit ergibt!

Während sich die »Småland« langsam in die Schleuse schiebt, hören wir im Funk bei den Seglern, dass wir noch einen weiteren Frachter mitnehmen werden. Dieser ist laut AIS gerade an der Levensauer Hochbrücke, also auch hier wieder die Zeit vertreiben. Doch auch diese geht vorüber und schließlich schließt sich wieder einmal das Schleusentor hinter unserem Boot.

Die Förde präsentiert sich, wie angesichts des aufgefrischten Ostwindes nicht anders zu erwarten war, als Kontrast zu den bisherigen Gewässern recht ruppig und so haben es alle eilig, zum Steg zu kommen. Boote grundgereinigt, und dann ab in den Sonntagabend.

T + 1Tg: 18:30 Ja, vielen Dank liebe Antje, das war wieder so schön bei Euch… Und ein großes Dankeschön auch an Claus! Eine tolle Fahrt, ein sehr netter Abend… rundum gelungen!

Dem kann ich mich uneingeschränkt anschließen.

Hans-Martin Hörcher

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