Käpt`n Blaubär erzählt

2. Mai 2021 | Von | Kategorie: Aktuell, Freizeitsport

Im letzten Frühjahr, zu Beginn der damals noch jungen ersten allgemeinen Verunsicherung, stellte eine besorgte Bürgerin die Frage, ob sie denn nun noch den Knopf an der Fußgängerampel drücken könnte, ohne Gefahr zu laufen, sich zu infizieren. Zum Abschluss der darauf folgenden, umfassenden Risikoanalyse schrieb dann einer der Experten – nicht ganz ernst gemeint: »Im Übrigen halte ich es in der momentanen Situation für ungefährlicher, bei Rot über die Straße zu gehen, als den Knopf zu betätigen.«

Diese Betrachtung kam mir wieder in den Sinn, als ich die folgenden Zeilen las. Und ich stellte mir die Frage, ob es in der momentanen Situation nicht sicherer wäre, in einem robusten Vierer im Freien über die luftige Förde zu kreuzen, als in einem Zweier Gefahr zu laufen, vom auffrischenden Ostwind überrascht zu werden.

Doch lest selbst:

Eines Sonntags im April

Wie Ihr alle bestimmt wisst, meine Lieben, gehe ich jeden Sonntagmorgen auf Rudertour. Da sind zwei nette Mädels, die sich mir angeschlossen haben, Heike und Sabine heißen sie und zusammen machen wir die Kieler Förde unsicher. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was man da so alles erleben kann!

Letzten Sonntag zum Beispiel sind wir drei wieder los gewesen. Meine Kollegen Pau und Kurti mit ihren Mädels waren auch mit von der Partie. Aber schon gleich am Steg trennten sich unsere Wege. Pau wollte in die Schwentine, der Kurti zog los nach Norden Richtung Olympiahafen und wir entschieden, erstmal zur Hörn zu fahren. Dort wollten wir überlegen, wohin unsere Fahrt uns weiter führen könne.

Wir rudern also los bis zum Dampferanleger an der Hörnbrücke. Und da kam uns doch tatsächlich der Kurti mit seinen zwei Begleiterinnen hinterhergefahren. Die beiden, Gaby und Susan haben ihn überzeugt, dass das Wasser draußen viel zu unruhig zum Rudern ist. Sie hofften, dass es Richtung Hörn besser wäre. Das war es aber plötzlich gar nicht mehr! War es heute am frühen Morgen noch so windstill und friedlich auf der Förde gewesen, so wurde es jetzt auf einmal deutlich pustiger und welliger. Meine Freundin Heike bildete sich ein, sogar schon Schaumkronen gesehen zu haben und war etwas unruhig. Aber da hat sie nicht richtig hingeschaut: das waren nur wieder die tieffliegenden Möwen – wir Blaubären als echte Seebären können das besser unterscheiden.

Na, trotzdem haben wir uns dann auf den Weg nach Hause gemacht. Kurti vorneweg – der ist eben deutlich jünger und sportlicher als ich – und wir gemütlich hinterher. Doch was soll ich Euch sagen: nix mit Gemütlichkeit! Die Wellen wurden immer mehr und immer höher. Ich bekam auf einmal einen Schwall Wasser über meine Bugnase und noch einen und noch einen. Aus war`s mit dem schönen Rudern. Ich hielt mich dicht unter Land, weil ich hoffte, dass dort die Wellen etwas weniger wären. Hat aber nicht viel genützt. Denn plötzlich sagte Heike: „halt mal an“. Wir guckten uns um: mein Bugkasten war voller Wasser, die nächste Welle schwappte ins Boot, Heike saß schon halb im Nassen, Sabine fragte noch „soll ich alleine rudern?“ „Nee“, meinte Heike „wir steigen aus!“ Und ich erzähle Euch hier kein Seemannsgarn: die beiden hüpften ins Wasser mit Haut und Haar und allen Klamotten, ließen mich tatsächlich im Stich und schwammen zum Ufer. Heike hatte da eine Leiter erspäht und da sind die beiden dann auch endlich angelangt und hochgekrabbelt. Ich war einerseits ganz froh, dass die beiden gut an Land gekommen waren (die Menschen haben`s nämlich nicht so mit dem Schwimmen im aprilkalten Wasser wie wir Blaubären). Andererseits hat`s mich doch etwas gekränkt, dass sie mich so einfach untergehen ließen. Naja, richtig untergegangen bin ich nicht, aber das Wasser stand mir schon bis zum Hals (will sagen bis zum Rand) und ich trieb mutterseelenalleine vor mich hin. Ein Angelboot, welches die Schwimmerei beobachtet hatte, kam mir zur Hilfe und hat mich erstmal an der Museumsbrücke festgelegt.

Meine beiden Mädels wurden dann gleich darauf von einem Germanenschlauchboot gerettet. Wo kam das denn auf einmal her? Das glaubt Ihr nicht: mein lieber Freund und Kollege Kurti hatte gemerkt, dass wir nicht mehr hinterher kamen und hat den vorbeifahrenden Germanen losgeschickt, um uns zu suchen. Ein toller Kumpel, der Kurti! Der Germane war übrigens, das haben wir später erfahren, auch mit Rettungsarbeiten bei seinen Germaneneinern beschäftigt gewesen. Meine Mädels also: die beiden waren bei ihrer Schwimmerei zum Ostseeterminal geschwommen und kamen von dort nicht mehr weg. Es ist nämlich alles ringsrum eingezäunt und abgeschlossen und über den Zaun klettern ging nicht. Da kam der Ritter mit dem Schlauchboot gerade recht. Sie sind also wieder die Leiter runtergekrabbelt, ins Boot rein und ab ging`s nach Hause und unter die Dusche (die Hygieneregeln blieben mal kurz draußen). Und was ein wahrer Ritter ist, der schnappt sich die zwei Prinzessinnen, die Gaby und die Susan und einen Tampen und zieht nochmal los, einen alten Blaubären abzuschleppen. Mit ganz viel Gefühl haben sie das gemacht und haben mich heil und unversehrt wieder zu meinem Ruderclub zurückgebracht.

Als ich dann endlich leergeschöpft, mit klarem Wasser abgespült und getrocknet an meinem Platz in der Halle lag, war ich doch froh, dass alles so glimpflich abgelaufen ist. Wir drei haben eine Riesenportion Glück gehabt, dass wir wohlbehalten wieder nach Hause gekommen sind und kein Fischfutter wurden. Da konnten mir Pau und Kurti aus vollem Herzen zustimmen.

Und das ist keine Seemannsgarn, was Euch Euer Käpt`n Blaubär hier erzählt hat. Das ist alles wahr von A bis Z. Ich freu mich auch schon auf nächsten Sonntag. Mal sehen, was wir drei dann zusammen erleben, meine Mädels und ich.

Euer Käp’n.

PS: Käp’n Blaubär hatte zu diesem Erlebnis leider keine Kamera dabei. Darum musste ich diesen Beitrag mit dem Bild eines anderen Zweiers schmücken :-(

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