Rudern gegen Krebs einmal anders

30. August 2021 | Von | Kategorie: Aktuell

In diesem Jahr wurde an Land gerudert

Zehn Jahre ist es gut gegangen. Wir hatten strahlendes Sommerwetter mit Gefahr von Hitzeschlag und Sonnenbrand, Regenwetter, mal trieb der starke Wind Steuerleute wie Starter an den Rand der Verzweiflung, mal die Wellen die Ruderer an die Grenzen ihrer Fähigkeiten und mal auch alles zusammen – aber gerudert sind wir immer!

Doch so eine Glückssträhne konnte nicht ewig währen und im elften Jahr  ist es so weit. Morgens um acht Uhr fällt, nach Blick auf Förde und Bootsstege, die Entscheidung: Wir bleiben an Land! Hecktisch muss umgeplant werden. Die Boote liegen zwar bereit, nicht aber die Ergos. Und zuvor muss noch ein Zelt her, gesellt sich doch zu dem heftigen Wind ein ungemütliches, kräftiges Schauerwetter.

Doch bis die ersten Mannschaften zur Registrierung eintreffen, ist alles am Platz. Zeitung und Fernsehen sind bereits mit Interview beschäftigt, bevor die offizielle Begrüßung und Eröffnung beginnen kann. Diese findet, ungeachtet der widrigen Witterung, vor dem überfluteten Bootssteg statt – wenigstens hier ein Hauch von maritimer Kulisse vor den inzwischen wieder zahlreich im Hafen vertretenen Kreuzfahrern. Claus Feucht von der Stiftung »Leben mit Krebs« bedankt sich insbesondere bei den zahlreichen Sponsoren, die der Veranstaltung trotz der Absage im letzten Jahr die Treue gehalten haben, und natürlich bei den wieder zahlreichen Helfern der Kieler Rudervereine, die durch ihr Engagement diese Veranstaltung erst möglich gemacht haben.

Dann erklärt Regatterleiter Bernd Klose vom EKRC die Austragungsmodalitäten: Die Läufe werden wie im Regattaplan ausgewiesen gefahren. Jedes Ergo steht für eine Bahn und wird von einer Mannschaft gerudert. Da, im Gegensatz zum Boot, nur einer zur Zeit rudern kann, erfolgt der Lauf als Staffel: jedes Mannschaftsmitglied rudert 300m, dann fliegender Wechsel. Es zählt die geruderte Zeit für die insgesamt 1200m. Zum Einfahren und insbesondere Proben des Wechsels stehen separate Ergometer bereit.

Der Starter ruft die ersten Mannschaften an den Start, diese gruppieren sich um ihr Ergo. Der grundsätzliche Ablauf ist ja vom Rudertraining bekannt. Die Strategiefindung bei der Staffelübergabe sorgt jedoch für heftige Diskussionen, müssen doch die Einstellungen, die sonst für einen optimalen Bewegungsablauf in Ruhe vor dem Ablegen vorgenommen werden, nun unter Zeitdruck während des Rennens vorgenommen werden. Auch der Schirmherr der Veranstaltung, Oberbürgermeister Ulf Kämpfer, geht als ehemaliger Ruderer mit dem Team Silberpfeil des Städtischen Krankenhauses an den Start.

Der Startschuss fällt, das erste Rennen beginnt. Auf dem Wasser würde sich jetzt der Steuermann die Seele aus dem Leib brüllen, um die vier aktiven Ruderer im Boot zu Höchstleistungen anzufeuern. Hier nun kehren sich die Verhältnisse um: die umstehende Mannschafft feuert lautstark den einzig aktiven Ruderer der Mannschaft an. Das Ganze verfliegt jedoch nicht auf der weiten Förde, sondern summiert sich in der Enge des Zeltes zu einem teilweise ohrenbetäubenden Geräuschpegel!

Und dann nach 300m die Wechsel. Die ersten Male hakt es noch etwas, aber dann spielen sich die Abläufe ein: Zwei Mitglieder stehen an den Fußschlaufen bereit, einer zählt die Schläge herunter und auf Kommando Füße lösen, Griff an den Nachfolger übergeben, und den Platz verlassen. Der Nachfolger beginnt idealerweise bereits beim Hinsetzen mit Ruderbewegungen, während das Team ihm den Sitz zurechtrückt und die Füße fixiert. Das Gewusel erinnert fast ein Wenig an die Boxengasse beim Reifenwechsel in der Formel  1!

Für die Zuschauer ist es nicht immer einfach, dem Rennverlauf zu folgen, schließlich bleiben die Ergometer ja auf der Stelle. Lediglich die Zeitpunkte der Wechsel lassen einen ersten Rückschluss auf den Stand zu. Doch am Ende muss sich niemand Sorgen machen: Die geruderte Zeit lässt sich sekundengenau auf dem Display ablesen, Zielfotos werden dieses Mal nicht benötigt.

Die Stimmung in den Booten ist gut, angesichts des Wetters sind wahrscheinlich alle froh, den Tag unter einer schützenden Zeltplane verbringen zu können, und nicht im Regen auf der zugigen Förde kämpfen zu müssen.  Allerdings ist das Warten nicht immer gemütlich, man muss sich schon sehr um ein trockenes Plätzchen bemühen, warme Kleidung ist angesagt. Versüßt wird die Situation durch das kulinarische Angebot. Eine reichhaltige Auswahl an Kuchen und warmen Speisen steht bereit, um sich für den nächsten Lauf zu stärken.

Dann der erste Höhepunkt des Tages: In dem Patientenrennen gehen diejenigen an den Start, für die wir diese Veranstaltung ausrichten. Auch hier wird gekämpft und angefeuert.

Vor der Mittagspause dann die ersten Siegerehrungen für Patienten- und Schülerrennen. Und wie zur Bestätigung für die Entscheidung, an Land zu bleiben, öffnet der Himmel ein weiteres Mal die Schleusen und kübelt Sieger wie Zuschauer noch einmal kräftig nass!

Am Mittag dann noch einmal der Blick auf die Förde. Die Hoffnungen vom Morgen bestätigen sich nicht. Der Wind hat sich zwar etwas gelegt, aber an einen geordneten Ruderbetrieb ist noch nicht zu denken. Also werden auch die weiteren Läufe an Land stattfinden.

Und der Lohn der Mühe? Die zahlreichen Helfer blicken in die Augen von motivierten und gut gelaunten Teilnehmer, die Ausbilder der Rudermannschaften erleben, wie ihre Schützlinge erfolgreich über die Strecke kommen und nicht zuletzt freuen sich die Patienten, dass mit einem Erlös von ca. 38.000 Euro ihr Sportprogramm zur Unterstützung ihrer Therapie weiterhin gesichert ist.

Hans-Martin Hörcher

Ergebnisse

Patienten-Rennen

  1. Förde Delfine
  2. Förde Hechte
  3. Förde Heringe
  4. Förde Forellen
  5. Förde Makrelen

Schüler-Rennen

  1. Wiking (Max-Planck-Schule)
  2. Neptun (Hebbelschule)
  3. Aegir (Humboldtschule)
  4. Thetis / Teifun (Gelehrtenschule)

Finale Einsteiger

  1. Grün-Weiß motivert (Rudergesellschaft Germania)
  2. Radioaktiv Man (Städt. Krankenhaus Kiel – Boot 7)
  3. CAU_L-Quappen 1 (Uni Kiel Sportwissenschaften, Sponsor Anke und Uwe Zwingmann)
  4. oemig+stark (oemig+stark Ingenieurgesellschaft)
  5. F.euriger E.rstlings K.ahn (Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster)

Finale Experten

  1. Laeknaris (Sponsor Arbeitsmedizinischer Dienst – AMD 1)
  2. Hauptsache Ballert (beneCon Consulting) und
    ZaPraSchmiRo (Praxis für Zahnheilkunde Dr. Oliver Schmidt + Elsia Rohnen)
  3.  
  4. Ruderriege Ditmarsia
Bericht: Kieler Nachrichten vom 30.8.21

Weitere Informationen

Schleswig-Holstein Magazin | 28.08.2021 | 19:30 Uhr 1 Min | Verfügbar bis 04.09.2021

Zum Download der Bilder geht es hier. Bei externer Verwendung bitte Quellenangabe (c) Hans-Martin Hörcher, Erster Kieler Ruderclub.

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