Auf nach Amsterdam!

24. August 2022 | Von | Kategorie: Aktuell, Freizeitsport

Es ist schon lange Tradition, dass Ruderer des EKRC etwas unternehmen zusammen mit Aktiven der Frankfurter Rudergesellschaft Sachsenhausen. Dieses Jahr ist unser Ziel Holland – genauer: wir rudern von Utrecht nach Amsterdam.

Die Anreise verteilt sich auf Clubbusse, Privatwagen und Bahn. Unterwegs fällt unser Blick in den Rhein, der ziemlich vertrocknet in seinem Bett dahinsiecht und wir fragen uns besorgt, ob wir überhaupt genügend Wasser zu Rudern haben werden. Gleich vorweg: diese Sorge wird sich als unbegründet herausstellen. Wir Bahnfahrer sind die Letzten – am frühen Nachmittag die Nachricht „alle, die bereits in Utrecht sind, bitte zum Club, die Boote aufriggern!“ Als wir schließlich eintreffen, liegt jedoch schon alles bereit und wir können direkt durchstarten ins Hotel.

Grüne Welle auf dem Wasser

Die erste Etappe beginnt mit der Querung des Amsterdam Rijnkanaal, einer der Hauptwasserstraßen der Niederlande. Vor und nach der Querung jeweils eine Schleuse, dazwischen beherzte Querung durch eine Lücke zwischen den flott daherkommenden Binnenschiffen, Ostseeverdächtige Wellen inclusive.

Anschließend gleiten wir entspannt durch die Vororte von Utrecht, der immerhin viertgrößten Stadt des Landes. Wir sehen interessante Architektur und „Schöner Wohnen“-verdächtige Gärten am Wasser. Verkehr begleitet uns entlang der Route, allerdings überwiegend auf zwei Rädern. Autos queren unseren Weg meistens über eine der vielen Brücken, die sich mit unserer Annäherung meist nach kurzem Innehalten für uns öffnen – eine Art „Grüne Welle“ für uns Ruderer. Noch lange begleiten uns die Einblicke in die Holländische Haus- und Gartenarchitektur der Utrechter Vororte, bis diese schließlich dem weiten Land weichen.

Pause in Oudewater. Die Weiterfahrt verspricht, spannend zu werden. „Ruder lang“ und Paddel raus – enge Kurven, wir durchfahren einen Tunnel, über uns Wochenmarkt. Hinter der nächsten Kurve schließlich hektische Rufe der Steuerleute – ein massives Holztor versperrt unseren Weg: Schluss oder Schleuse? Schleuse – allerdings finden wir erst nach einigem Suchen und mit Unterstützung von Anwohnern die Selbstbedienungsknöpfe dort, wo sie hingehören: auf Augenhöhe vor dem Schleusentor. Ein Druck setzt verborgene Mechanismen in Gang, die mit Öffnen der Tore und unserer Einfahrt in die Schleuse enden. Alle passen wir nicht hinein, doch die Empfehlung nachfolgender SUPer, es ihnen gleich zu tun, als sie, ihre Boards unterm Arm, die Leiter emporsteigen und die Schleuse umwandern, verwerfen wir ohne weitere Diskussion.

Die weitere Fahrt wir durch ein heranziehendes Gewitter angetrieben, einige Boote nehmen in Woerden die falsche Abzweigung (die auch richtig gewesen wäre), andere stellen sich bei Regen noch unter und so erreichen wir schließlich mit einigem Abstand unser erstes Etappenziel, den Ruderverein „De Kroom“ in Woerden.

Vorsicht Stickstoff!

Unsere Reise droht, politisch zu werden. Vereinzelt werden wir auf unsere Clubfarben angesprochen und ob wir auch „dagegen“ wären. Schon vorher war uns aufgefallen, dass ganze Straßenzüge flächendeckend in blau-weiß-rot geflaggt sind – Nationalfeiertag? Aber warum in Clubfarben?

Die Nationalflaggen sind verkehrt herum aufgehängt als Zeichen des Protests gegen die Pläne der Regierung, zur Reduzierung der Nitratbelastungen durch die Landwirtschaft den Viehbestand im Land radikal zu reduzieren. Die Bauernschaft ist „not amused“, der Protest wird immer mehr radikalisiert wie auch instrumentalisiert und beherrscht die politische Debatte im Lande. Uns wird jedoch versichert, dass unser Outfit keine wirkliche Gefahr für uns darstellt.

Wo kommen die süßen Tomaten her?

Heute steht die Fahrt durch die „Backwaters“ der Niederlande auf dem Plan, Wasserflächen angelegt zum Schutz gegen die herannahenden Truppen Napoleons. Doch dieser wartete, es wurde Winter, alles fror zu und…

Blick auf die Wetter-App: Für den Nachmittag sind Gewitter angesagt. Wir beschließen, die Etappe abzukürzen und vom RV Alphen den Aarkanal direkt zur Amstel weiterzufahren. Das nach Karte eigentlich ländliche Gebiet entpuppt sich als überdachtes Land: Soweit das Auge reicht säumen endlose Gewächshäuser unseren Weg. Hier kommen also die Holländischen Tomaten her, und was das kleine Land sonst noch an Gemüse zu bieten hat. Eine Schleuse, einige Brücken, nach einer entspannten „Adler“-Etappe kommt schon unser Ziel in Sicht. Picknick am Steg, Pause, Baden. Auf der Rückfahrt ins Hotel beginnt es dann, zu regnen. Alles richtig gemacht.

So haben wir Zeit, uns Leiden anzusehen. Eine gemütliche, kleine Stadt, von Kanälen durchzogen, alte Häuser, kleine Gassen, jede Menge Fahrräder und Fahrradfahrer – irgendwie Holländisch. Es ist viel los in der Stadt: Scharen junger Leute bevölkern die Straßen, zu Fuß oder auf dem Fahrrad, meist gruppenweise in bunten Farben gekleidet, immer wieder Fete – die Universität Leiden begrüßt ihre Erstsemester.

Im Pannenkoekenhuus finden wir leckere Stärkung bevor wir uns durch die Stadt treiben lassen.

Auf nach Amsterdam!

Und dann steht auch schon die letzte Etappe auf dem Plan: Die Amstel führt uns auf direktem Weg zu unsrem Ziel: Amsterdam. Sind die Gewässer vielerorts kanalisiert und begradigt, so darf die Amstel hier noch Fluss sein und wir mäandern gemütlich unserem Ziel entgegen. Zur Abwechslung bei Km 12 einen Abstecher in einen kleinen Nebenfluss, gerade noch breit genug zum Rudern. Dieser mäandert noch mehr und die Brücken sind noch niedriger, also Flaggen bergen und neben „Ruder lang“ auch noch flach hinlegen. Andere Brücken können wir mit Handbedienung selber öffnen.

Mitten ins Herz!

Viele von Euch kennen wahrscheinlich bereits Amsterdam von Spaziergängen in beschaulichen Gassen, entlang schmaler Grachten, Unmengen von Fahrrädern, lebhaftem Fahrradverkehr und Heerscharen von Touristen, die sich durch die Stadt schieben. Wir wollen eine andere Sicht auf die Stadt und wählen den Wasserweg.

Unsere momentanen Gastgeber, der „RC Willem 3“, haben uns einen Tourenvorschlag mitgegeben, den wir gerne annehmen. Wir brechen auf, weiter die Amstel hinab mitten ins Herz der Stadt. Hinter der geöffneten Amstelsluizen steuerbord in die Niewe Prinzengracht, weiter über verschlungene Wege landen wir schließlich im Museumsviertel, welches mit dem Sciencemuseum „Nemo“ und dem Schiffartsmuseum extravagante Architektur und imposante Segelschiffe zum Verweilen und gucken einlädt.

Weiter durch die engen Grachten. Freitagmorgen herrscht noch wenig Verkehr, nur vereinzelte Ausflugsboote erfordern gelegentlichen Halt vor der Brückendurchfahrt. Die Schiffsführer sind bemerkenswert entspannt und zuvorkommend. Einmal geht es fast nicht weiter, weil Martina angesichts des entgegenkommenden Bootes vor der Brücke wartet, das entgegenkommende Boot aber ebenfalls – ungewohntes Miteinander auf dem Wasser, verglichen z.B. mit der mediterranen „Gelassenheit“ der Venezianischen Gondoliere.

Und so gleiten wir im „Sightseeing-Modus“ weiter durch die verschlungenen Kanäle der Stadt, nur unterbrochen durch „gelegentliche“ Kommandos der Steuerleute. Mitten im Gewühle fällt das Navi aus und es kostet etwas Mühe, den richtigen Abzweiger zu rekonstruieren, um nicht geradewegs bis in die Nordsee weiterzurudern.

Amterdam zu Fuß

Am letzten Tag nehmen wir uns dann doch noch einmal Amsterdam zu Fuß vor. Im Rijksmuseum erhalten wir interessante Einblicke in Zeit und Wirken von Vermeer, Rembrandt und Vincent van Gogh. Anschließend Freigang „Shop till you drop“.

Zum Abschlussabend treffen wir uns im Restaurant „Pompstation“. Im ehemaligen, stilvoll hergerichteten Maschinenhaus genießen wir ein ausgezeichnetes Essen, während unter unseren Füßen mit leichtem Rumoren immer noch die gigantischen  Pumpen daran arbeiten, den komplizierten Wasserhaushalt des Landes in Waage zu halten.

Wieder nach Hause

Wehmütig brechen wir am Sonntagmorgen auf in Richtung Heimat, im Gepäck jede Menge neue Eindrücke aus einer spannenden Woche, neue Ruderbekanntschaften und ein gaaaanz herzliches Dankeschön an Claus und seine Mitstreiter Hanno und Volker für die perfekte Organisation!

Die Bahn sponsert unsere Reisekasse noch mit einer saftigen Entschädigung für über Gebühr verlängertes Reisevergnügen in vollen Zügen und so lesen wir noch vor Hamburg die Meldung „Alle Boote gebadet und geföhnt wieder im Stall!“ Daher noch einen extra-Dank an die Busmannschaft dafür, dass Ihr unseren Dreck alleine weggemacht habt.

Was war sonst noch?

  • Die nächste Sprechgarnitur braucht einen Anschluss für Hörgeräte, im Werkzeugkoffer Ersatzbatterien für das Hörgerät.
  • In den Booten fehlt die USB-Ladebuchse für das Wasser-Navi, um im entscheidenden Moment entscheidungsfähig zu bleiben.
  • Wenn man den richtigen Ruderclub ins Navi eingibt, müssen die anderen nicht so lange warten.
  • Es gibt coole Werkzeuge, mit denen der Bootswart an engen Brückendurchfahrten verbogene Ausleger ruckzuck wieder richten kann.
  • Der Steuersitz für die Kiellinie gehört unbedingt mit auf die Packliste
  • An niedrigen Brücken rechtzeitig den Kopf einziehen.

Hans-Martin Hörcher

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