Fast wie zu Kaisers Zeiten

21. Juni 2016 | Von | Kategorie: Freizeitsport

Seeluft ist gesund?

Am Eröffnungssamstag zur Kieler Woche mache ich mich früh morgens auf an die Förde, um schon einmal Schiffe zu gucken, schließlich ist Kreuzfahrer-Großkampftag im Kieler Hafen angesagt.

Als ich ans Wasser komme, scheint es, als habe sich die »AIDAaura« mit ihrem Bug direkt in die Hörnbrücke gerammt. An ungewohnter Stelle hat der Kreuzfahrer festgemacht, ist doch der sonst vorgesehene Ausweichliegeplatz am Satorikai zur Kieler Woche fest in der Hand der kleineren, dafür erheblich zahlreicheren windgetriebenen Schwesterschiffe. Auch »Mein Schiff 4« liegt bereits am Ostseekai und gerade schiebt sich vorsichtig die »AIDAvita« vor unserem Steg vorbei an ihren Liegeplatz dahinter.

Ich mache mich auf Richtung Schleuse. Im Marinestützpunkt ist Hochbetrieb, die Stadt heißt die Gäste der befreundeten Marinen willkommen. Schon von weitem sind die laufenden Aggregate zu hören und die leichte Brise treibt das typisch herbe Aroma der Schiffsdiesel zu mir herüber. Auch der Betrieb in und vor der Schleuse steuert weitere Dunstwolken bei, Schweröl liegt in der Luft. »Seeluft ist gesund?« denke ich und mache mich auf den Rückweg.

Auf Höhe der Seebadeadeanstalt erst einmal durchatmen. Im Ostuferhafen schiebt sich die MSC Musica rückwärts in ihre Parklücke am ehemaligen Papierterminal und während ich mich der Innenförde nähere, rieche ich sie schon, die weißen Riesen. Das Aroma begleitet mich, während ich am Club vorbei Richtung Hörn rudere. In Höhe der Museumsbrücke mischt sich der würzige Geruch von Steinkohleabgasen dazu – die »Bussard« hat eingeheizt. Vorbei an der Stena weiter in die Hörn. Die AIDAaura wird von einem Tankschiff betankt, es riecht zusätzlich nach frischem Schweröl.

die Kaiserliche Flotte in der Kieler Förde

die Kaiserliche Flotte in der Kieler Förde

»Fast wie zu Kaisers Zeiten« wird Niklas sagen, wenn ich später am Frühstückstisch von meiner morgendlichen Ausfahrt berichte. Damals dürfte die
Luft noch aromatischer gewesen sein, als die Kaiserliche Flotte die Förde bevölkerte und so neumodischer Kram wie »Abgasreinigungsanlagen« noch niemand buchstabieren konnte.

Hinter der Hörnbrücke zur Abwechslung einmal Düfte aus der Küche des »Vapiano«, bevor ich mich durch die Dunstwolke auf den Weg zurück zum Bootssteg mache.

Als ich aus der Dusche komme, hat es merklich aufgebriest, der Mief ist verflogen, wir können durchatmen und uns wieder der Illusion der »Weißen Riesen« hingeben sowie dem Motto: »Die Kieler Seeluft ist gesund!«

Hans-Martin Hörcher

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