Alpencross

30. August 2012 | Von | Kategorie: Freizeitsport

Von Füssen nach Riva del Garda mit dem Rad

Alpencross 2012

Die Alpencrosser Jürgen Kleeberg (l) und Siegfried Schürmann (r)

Während diesen Sommers zahlreiche Ruderinnen und Ruderer des EKRC die Clubfarben in ganz Mitteleuropa – sozusagen in der Horizontalen – vertraten, machten sich diesmal zwei Masters-Ruderer unseres Clubs (nämlich Sigi und Jürgen) auf, die Vereinsflagge auch mal in der Vertikalen, also weit über dem Meeresspiegel, hochzuhalten, und zwar bei einer Mountainbike-Tour quer über die Alpen von Füssen zum Gardasee.

Als wir uns sagten: „Nur ein gefahrener Höhenmeter ist auch ein guter Meter“ – schmiedeten wir im Spätsommer 2011 die Pläne für eine Alpenüberquerung, bekamen das „go“ und machten uns an Realisierung und Umsetzung dieses lang gehegten Traumes. Einmal mit dem Rad über alle Berge, über Stock und Stein, Wald und Forstwege, Rampen und Singletrails, vom Süden Bayerns bis ins Trentino in den Norden Italiens. Bei der Recherche für einen Tourenanbieter stolperte Sigi über Bike Alpin: „In den Bergen das Beste“ – so der Slogan. Eine sogenannte 2–Level–Tour mit Guide und Gepäcktransport lachte uns an, damit man sich auch wirklich nur aufs Moutainbiken konzentrieren kann. Zwei Gruppen starten täglich, eine „Normale“, die ca. 1200 Höhenmeter zu bewältigen hatte und eine etwas „Sportliche“, die noch einmal fast 1000 Höhenmeter zusätzlich draufgepackt bekam, und jeden Tag können wir entscheiden, mit welcher Gruppe wir mitfahren wollen. Das klang doch schon mal ganz gut und so hatten die Vorbereitungen begonnen: Ein nagelneues Bike wurde zu diesem Anlass angeschafft (Jürgen), sämtliche Ersatzteile auf Herz und Nieren geprüft und ergänzt (extra Kettenglieder, ein Schaltauge, ein Paar organische Bremsbeläge waren ein Gesprächsthema und vor allem Letzteres wurde auch benötigt); neue, geländegängige Mäntel (die heißen jetzt Karkassen mit Flankenschutz durch „triple compound“ und haben eine „snakeskin“ – Bemantelung und die haben sogar Namen wie Noby Nic, Racing Ralph oder Fat Albert) wurden ausgetauscht (Sigi), sowie sämtliche Ausgaben des Moutain Bike Magazins der letzten 12 Monate studiert (Jürgen); das spezifische Training um den Westensee (Sigi) und in den Hüttener Bergen (Jürgen) intensiviert und dann war es soweit: Ein Härtetest, eine mögliche Simulation einer Alpenetappe, stand auf dem Programm 6 Wochen bevor es los ging. „Ab in den Harz, sagt der Arzt“ und rauf auf den Brocken – in 1:55 Stunden.
So vorbereitet, fühlten wir uns gewappnet für dieses „Abenteuer Alpenüberquerung“, theoretisch jedenfalls, denn es sollte doch etwas anders kommen, als gedacht – nämlich viel, viel härter. Und so stellten wir uns die bange Frage auf dem Weg nach Füssen, waren wir denn auch wirklich gut vorbereitet und waren wir wirklich fit genug? Hatten wir die richtigen Bikes und das richtige Equipement mitgenommen und waren wir auch nicht zu dick? Unser Herz rutsche uns nämlich in die Pedale, als wir den Fuhrpark an Drahteseln im Radhotel am Abend vor dem Start in Augenschein nahmen: Mountain Bike Fullys wo wir nur hinschauten (die haben zusätzlich eine Federung im Rahmen) – mit XTR Ausstattung, „Rotwild“ Fullys (sind der Mercedes unter den MTBs) und sogar Eines ganz aus Carbon bestehend, bei dem allein die Federgabel so viel wert war, wie jedes einzelne unserer Hardtail Bikes (haben nur die Federgabel bei starrem Rahmen). Beim Kennenlernen der dazugehörigen Radlerinnen und Radler durften wir jedoch feststellen, dass sie alle das Herz am rechten Fleck und alle die gleiche Intention hatten, keiner übermotiviert oder gar übertrainiert war. Denn: Es sollte sich die alte Wahrheit bestätigen, dass nicht das Bike entscheidend ist, sondern es darauf ankommt, wer darauf sitzt und wie gut die Beine sind, um über die Berge zu kommen.

Es konnte also losgehen und so sah der Ablauf der folgenden sechs Tage während unserer Tour bei uns aus: 6.30 Uhr Wecken,07.15 Uhr Frühstück, 8.30 Uhr am Rad und los konnte es gehen; nach den ersten 700 Höhenmetern 11.00 Uhr Espresso- und Strudelpause, 13.30 Uhr Mittag immer mit Nudeln, Gnocci oder Knödeln und dann folgten die nächsten knackigen Anstiege. „Schnapperl“ nannten unsere oberösterreichischen Radfreunde zu diesen zum Teil mörderischen, zapfig steilen Rampen, die manchmal kaum ein Wanderer bewältigen konnte – denn es wurde auch mal das Bike geschoben oder gar getragen. Und wenn unsere kernigen Südtiroler Guides uns mit den neckischen Worten: „Gute Fahrt und gute Unterhaltung wünscht ihnen nun Bike Alpin“ hinauf in die Berge schickten, wussten wir – jetzt heißt es wieder treten, kurbeln, schwer atmen und bald setzte dann wieder so etwas fast wie eine Schnappatmung ein (also doch ein „Schnapperl“); aber wer sagt denn, dass am Morgen Marmelade keine Kraft gibt. Danach standen auf dem Heimweg halsbrecherische Singletrail – Abfahrten oder wahre Stürze ins Tal via Passstraßen auf dem Programm und ihr könnt euch vorstellen, wir hatten mehr als nur das eine oder andere fluffige Flow-Fahrerlebnis in den Bergen.

Und hier unsere Route durch das MTB – Paradies Alpen für euch zum Nachfahren: Füssen – Ehrwald – Fernpass – Imst (Tag 1); erste technische Ausfälle sind zu vermelden; Imst – Landeck – oberes Inntal – Nauders (Tag 2); Nauders – Reschner Alm (2022 m) – Vinschgau – Glurns – Meran (Tag 3); besondere Vorkommnisse: Hans plumpst mitsamt MTB in den Grünen Bergsee oberhalb des Reschenpasses; dann die Königsetappe mit 2324 Höhenmetern: Meran – Gampenpass mit der Location „Unsere liebe Frau im Walde“ – Felixeralm (Brennnesselnockerl – oberlecker – als Spezialität) – Gantkofel (1866 m – siehe Foto) oberhalb von Bozen – Mendelpass – Tramin (Tag 4); dann der Gewittervormittag Tramin – Trentino – Molveno am Fuße der Brenta Dolomiten (Tag 5); heute galt es nur von A nach B zu kommen; letzter Tag: Molveno – Picknick in den Bergen – Riva del Garda mit Seitensprung in den Lago – Torbole.

„A bisserl“ kaputt, aber glücklich und stolz wie Bolle rollten wir über die Promenade in Riva ein zu unserem wohlverdienten Eisbecher mit Kaltgetränk; nur einen Unfall konnten wir vermelden: Unseren fliegender Holländer Eelke (schreibt sich mit zwei e) hatte es am letzten Tag auf Asphalt (!) noch glimpflich auf die Nase gelegt und ein Bike, haltet euch fest, das Carbon MTB-Fully, wurde zum Totalausfall, krachte es doch bei einer Abfahrt nach Tramin im wahrsten Sinne des Wortes in sich zusammen. „Hans, Du alter Downhiller, kauf dir jetzt mal ´n gscheits Radl! Und wenn Du nen Tip brauchst: Ich kenn da eine gute Hamburger Firma – mit “Berg-„ fängt sie an, mit „-mont“ hört sie auf“, so unsere Kommentare.

Ihr ahnt, wir hatten einen verschärften Erlebnis- und manchmal auch einen Eventcharakter auf diesem Trip. Denn zusammen haben wir auf westfälisch, hessisch, schwäbisch, oberösterreichisch und norddeutsch gestrampelt, geschwitzt, gelitten, und bis zum Ende des Tages auch sehr viel gelacht.

Und was bleibt hängen? Zuerst die nackten Zahlen: sechs Tage mit dem Bike unterwegs, 420 km Strecke, 32,5 Stunden netto im Sattel, 10358 bezwungene Höhenmeter. Nette Gruppe, nette Guides (Adi und der tiefenentspannte Tobi), gutes Wetter, traumhafte Ausblicke in die einsamen, zum Teil schneebedeckten Berge, rasante, fast fliegende Abfahrten – und einfach die Gewissheit, es gemeinsam über die Alpen geschafft zu haben.

Und wie haben wir uns am Ende dabei gefühlt? Das möchte ich euch mit einer Gegenfrage beantworten: Wann habt ihr zum letzten Mal in eurem Leben wieder etwas zum ersten Mal gemacht? „Ois isi“, wie der Bayer auf perfektem Amerikanisch sagen würde „Ois isi“.

In diesem Sinne: Grias Euch – sagen die Alpencrosser Sigi und Jürgen.

Jürgen Kleeberg

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1 Kommentar zu “Alpencross”

  1. Daniel sagt:

    Der Bericht klingt ja ganz danach, das ihr von Alpencross Virus gepackt wurdet. Habt ihr denn öfters zwischen leichter und schwerer Tour gewechselt, oder seit ihr immer in einer Gruppe geblieben?

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